1. Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan

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Als formelle und materielle Grundlage der Spaltung schliessen die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane der involvierten Gesellschaften einen Spaltungsvertrag ab (Art. 36 FusG). Die Spaltung zur Neugründung ist – mangels bereits existierender Gegenpartei – ein einseitiger Rechtsakt der übertragenden Gesellschaft, weshalb in diesen Fällen nicht von einem Spaltungsvertrag, sondern von einem Spaltungsplan gesprochen wird.834

1.1 Abschlusskompetenz
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Zentraler Inhalt des Spaltungsvertrags ist die Übertragung von Aktiven und Passiven von der übertragenden auf die übernehmende Gesellschaft gegen Gewährung von Mitgliedschaftsrechten an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft. Der Spaltungsvertrag ist von grosser Bedeutung für die beteiligten Unternehmen. Oftmals markiert er eine Strategieänderung der übertragenden Gesellschaft, die sich entschlossen hat, einen bestimmten Zweig ihrer Tätigkeit aufzugeben und in andere Hände zu legen.835

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Als strategisches Geschäft gehört die Vorbereitung einer Spaltung zwingend in die Verantwortung des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans einer Gesellschaft.836 Dieses entscheidet, ob, wann, zu welchen Konditionen und mit wem eine Spaltung vollzogen werden soll. Die entsprechende Zuweisung der Abschlusskompetenz in Art. 36 Abs. 1 FusG zielt auf die interne Willensbildung bei den beteiligten Gesellschaften über das Verhandlungsergebnis ab. Der Spaltungsvertrag braucht also nicht in corpore vom obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgan ausgehandelt zu werden;837 hierzu kann auch ein Vertreter oder ein spezieller Ausschuss bestellt werden. Art. 36 Abs. 1 FusG verlangt aber zwingend, dass der definitive Wortlaut des Spaltungsvertrags oder Spaltungsplans durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan als Gremium rati­fiziert wird.838 Je nach den rechtsformspezifischen, statutarischen oder reglementarischen Bestimmungen über die interne Willensbildung muss das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan einen formellen Beschluss fällen oder die einzelnen Organmitglieder müssen den Vertrag unterzeichnen.

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Die Gesellschafter haben keine Gelegenheit, gestalterisch auf die Vorbereitung der Transaktion einzuwirken. Ihnen verbleibt aber das letzte Wort zur Transaktion, indem sie die Spaltung verwerfen oder genehmigen können (vgl. Art. 43 FusG). Persönliche Interessen der Leitungsorgane können grundsätzlich die Vorbereitung einer Spaltung ebenso stark beeinflussen wie die Interessen der Gesellschaft, sprich des Prinzipals. Das Fusionsgesetz trägt diesem Interessenkonflikt Rechnung. Transparenzvorschriften und eine klar geregelte Mitwirkung der Gesellschafter sollen ein faires Verfahren garantieren. Der Grundsatz der mitgliedschaftlichen Kontinuität, die Prüfung des Umtauschverhältnisses und eine gerichtliche Ausgleichsklage sollen eine faire Spaltungskompensation gewähren und verhindern, dass Gesellschafter durch die Transaktion wirtschaftlich schlechtergestellt werden als vorher.

1.2 Gesetzlich notwendiger Vertragsinhalt
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Art. 37 Abs. 2 FusG enthält eine Aufzählung der objektiv wesentlichen Punkte des Spaltungsvertrags.839 Die entsprechenden Angaben können formgültig nur in einem schriftlichen Spaltungsvertrag vereinbart werden und bedürfen ­überdies der Genehmigung durch die Gesellschafter.840 Dieser zwingend vorgeschriebene Inhalt soll für die Beteiligten die notwendige Transparenz schaffen und insbesondere sicherstellen, dass die Gesellschafter eine genügende Entscheidgrundlage für den Spaltungsbeschluss haben.841 Konkret muss der Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan nach Art. 37 Abs. 2 FusG folgende An­­gaben enthalten:

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Einzelne der im Gesetz aufgezählten Vertragspunkte sind nur bedingt notwendig, wie etwa besondere Vorteile für Leitungsorgane nach Art. 37 lit. h FusG. Bedingt notwendig heisst, dass diese Punkte nur bei jenen Transaktionen im Spaltungsvertrag zu regeln sind, bei denen sie tatsächlich vereinbart werden.

1.3 Weitere Bestimmungen
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Die Spaltungsparteien sind frei, im Spaltungsvertrag über den gesetzlichen Mindestinhalt hinaus weitere Rechte und Pflichten vorzusehen. Diese Punkte können bisweilen subjektiv wesentlich sein und das Zustandekommen des ­Spaltungsvertrags mitbestimmen; es kann sich aber auch nur um Nebenpflichten handeln, die auf das Gelingen der Transaktion keinen direkten Einfluss haben, für die Verhandlungen aber wesentlich sein können.855 Neben allge­meinen Bestimmungen wie etwa zur Geheimhaltung, zur Kostentragung, zur Sprachregelung, zur Vertragsauslegung oder zu der Frage des Gerichtsstands sind bei Spaltungsverträgen typischerweise folgende Zusatzvereinbarungen anzutreffen:856

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Wie bereits erwähnt, muss bei der Spaltung ein Inventar erstellt werden. Darin sind die zu übertragenden Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens zu bezeichnen, unter Angabe von deren Aufteilung und Zuordnung unter bzw. zu den beteiligten Gesellschaften.857 Auch Verträge mit Dritten können auf diese Weise übertragen werden.858 Grundstücke, Wertpapiere und immaterielle Werte müssen im Inventar einzeln aufgeführt werden (Art. 37 Abs. 1 lit. b FusG). Für alle anderen Positionen ist keine einzelne Aufzählung vorgeschrieben.

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Die übertragenen Vermögensteile müssen immer klar bestimmbar sein, wobei im Inventar mehrere Gegenstände auch als Sammelposten bezeichnet werden können.859 Aus Praktikabilitätsgründen sind keine hohen Anforderungen an die Bestimmbarkeit der einzelnen Vermögensgegenstände zu stellen, zumal sich die Vermögensverhältnisse in der Zeit zwischen dem Abschluss des Spaltungsvertrags und dem Spaltungsbeschluss860 im Detail häufig ändern.861 Unter Umständen kann die Verwendung pauschaler Umschreibungen ratsam sein: Bei einer allzu detaillierten Aufzählung einzelner Positionen vergrössert sich die Gefahr, dass – entgegen der ursprünglichen Absicht der Parteien – nicht ausdrücklich erwähnte Vermögenswerte nicht vollständig auf die übernehmende Gesellschaft übergehen (vgl. Art. 38 FusG). Eine abschliessende Einzelauf­zählung aller zu übertragenden Positionen dürfte zudem bei umfangreichen Übertragungen kaum realistisch sein. In der Praxis sinnvoll sind daher unseres Erachtens pauschale Bezeichnungen mit «Insbesondere-Nennungen» von Wer­ten, deren Übertragung den Parteien besonders wichtig ist.862 Besonders zu beachten gilt, dass das Inventar mit der Spaltungsbilanz inhaltlich konsistent ist und die relevanten Positionen in beiden Dokumenten einzeln aufgeführt werden.863 Im Übrigen ist es aufgrund möglicher Veränderungen des Inventars ratsam, im Spaltungsvertrag entsprechende Anpassungs- oder Ausgleichsklauseln vorzusehen, welche auf klar überprüfbare Kriterien abstellen (z.B. Anpassung des Umtauschverhältnisses aufgrund von Bestandes­ände­run­gen).864

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Für den Fall, dass eine Zuordnung aufgrund des Inventars im Spaltungsvertrag nicht möglich sein sollte, enthält Art. 38 Abs. 1 FusG eine Auffangregelung:865 Nicht klar zugeordnete Gegenstände und Werte des Aktivvermögens verbleiben im Falle der Abspaltung bei der übertragenden Gesellschaft. Im Falle der Aufspaltung wird bei Unklarheiten Miteigentum unter allen übernehmenden Gesellschaften im gleichen Verhältnis, in dem das Reinvermögen auf die übernehmenden Gesellschaften übergeht, begründet. Für nicht klar zugeordnete Verbindlichkeiten haften bei Aufspaltungen die beteiligten (übernehmenden) Gesellschaften solidarisch (Art. 38 Abs. 3 FusG);866 bei Abspaltungen bleibt ausschliesslich die fortbestehende übertragende Gesellschaft haftbar (Art. 38 Abs. 1 lit. b FusG analog).867

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Das übertragene Teilvermögen muss grundsätzlich einen Aktivenüberschuss aufweisen.868 Dieses Erfordernis schützt die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft davor, dass deren Haftungssubstrat im Rahmen der Transaktion verringert wird. Daher muss das Erfordernis des Aktivenüberschusses unseres Erachtens aus der Perspektive der übernehmenden Gesellschaft beurteilt werden. Im Normalfall wird zwar die übernehmende Gesellschaft die übernommenen Aktiven und Passiven in ihrer Bilanz jeweils zum gleichen Wert einsetzen, wie sie zuvor in den Büchern der übertragenden Gesellschaft bewertet waren. Im Rahmen der einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften kann jedoch der Bilanzwert der übernommenen Aktiven und Passiven aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft durchaus ein anderer (insbesondere ein höherer) Wert sein als aus der Perspektive der übertragenden Gesellschaft. Das ist etwa dann denkbar, wenn sich für gewisse Aktivposten neue Nutzungsmöglichkeiten ergeben oder wenn durch die Transaktion sonstige Synergien entstehen. Die übernehmende Gesellschaft kann gegebenenfalls auch einen derivativen Goodwill, welcher – im Gegensatz zum originären Goodwill einer Gesellschaft869 – ein Aktivum in der Bilanz des erwerbenden Unternehmens darstellt, aus der Transaktion aktivieren, soweit dieser Goodwill einem Werthaltigkeitstest (Impairment-Test) standhält.870 Das Erfordernis des Aktivenüberschusses ist mithin bei der Spaltung nicht allzu restriktiv auszulegen. Eine Sanierungsspaltung ist immer dann zulässig, wenn die übernehmende Gesellschaft die übernommenen Aktiven und Passiven allenfalls auch unter Berücksichtigung eines derivativen Goodwills (z.B. aufgrund von Synergien) mit einem Aktivenüberschuss bilanzieren kann.871

1.5 Genehmigungsvorbehalt
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Die Gültigkeit des Spaltungsvertrags ist aufschiebend bedingt und hängt gemäss Art. 36 Abs. 3 FusG von der Zustimmung der Gesellschafter ab, welche erst nach Durchführung des Sicherstellungsverfahrens zugunsten der Gläubiger nach Art. 46 FusG erfolgen kann (Art. 43 Abs. 1 FusG). Die Gesellschafter müssen gemäss Art. 41 Abs. 1 FusG die Gelegenheit haben, den Spaltungsvertrag und gewisse weitere Dokumente872 während mindestens zwei Monaten vor der Beschlussfassung einzusehen. Auf Verlangen ist ihnen der Vertrag (kostenlos) in Kopie zuzustellen (Art. 41 Abs. 3 FusG).

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Der Genehmigungsvorbehalt erstreckt sich auf den gesetzlich notwendigen Inhalt des Spaltungsvertrags oder Spaltungsplans, also auf die in Art. 37 FusG umschriebenen objektiv wesentlichen sowie auf die bedingt notwendigen Punkte, nicht aber auf allfällige weitere Bestimmungen.873 Ohne Genehmigung durch die Gesellschafter kann der gesetzlich notwendige Inhalt des Spaltungsvertrags oder Spaltungsplans grundsätzlich keine Wirkung entfalten.874 Das erforderliche Quorum zur Genehmigung richtet sich nach den Vorschriften über den Spaltungsbeschluss (Art. 43 FusG i.V.m. Art. 18 FusG).875

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Im Umfang des gesetzlich notwendigen Inhaltes muss der Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan auch dem Handelsregister als Beleg mit der Anmeldung zur Eintragung der Spaltung eingereicht werden.876 Der Genehmigungsbeschluss der Gesellschafter muss gemäss Art. 44 FusG öffentlich beurkundet werden.

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Der Genehmigungsvorbehalt gilt auch für Änderungen und Ergänzungen, die den gesetzlich notwendigen Vertragsinhalt betreffen. Je nach Verfahrensstadium, in dem eine Änderung oder Ergänzung vorgenommen wird, muss allenfalls das Einsichtsverfahren (Art. 41 FusG) oder gar die bereits erfolgte Be­­schlussfassung wiederholt werden.877 Letzteres wäre etwa dann denkbar, wenn das Handelsregisteramt als Voraussetzung für die Eintragung die Ergänzung eines bereits von der Generalversammlung genehmigten Spaltungsvertrags verlangt, für den die rechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragung ins Handelsregister nicht gegeben sind.878 Durch eine Vorprüfung der Spaltungsdokumente durch das Handelsregisteramt kann eine solche Überraschung vermieden werden. Keine Änderung in diesem Sinne stellen Anpassungen nach Vertragsschluss dar, die der Spaltungsvertrag in bestimmbarer Weise antizipiert (z.B. Preisanpassungsklauseln).

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Der Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Gesellschafter darf nicht umgangen werden, indem die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane bereits bei Vertragsschluss eine indirekte Bindungswirkung zu erzeugen versuchen. Es wäre beispielsweise nicht zulässig, im Spaltungsvertrag eine unverhältnismässig hohe Strafzahlung zulasten einer Vertragspartei vorzusehen, falls deren Gesellschafter dem Vertrag die Genehmigung verweigern (sog. «break-up fees»879). Eine solche Klausel verletzt die fusionsgesetzliche Kompetenzordnung zwischen der Exekutive und den Gesellschaftern nach Art. 36 FusG und beeinträchtigt die freie Willensbildung der Gesellschafter zur Spaltung.880

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Nicht dem Genehmigungsvorbehalt von Art. 36 Abs. 3 FusG unterstehen die weiteren Vertragsbestimmungen, die von den Parteien zusätzlich zum gesetzlichen Minimum im Spaltungsvertrag vereinbart werden. Solche Bestimmungen werden grundsätzlich mit dem Abschluss des Vertrags durch das oberste ­Leitungs- oder Verwaltungsorgan verbindlich und bleiben unter Umständen sogar beim späteren Scheitern der Spaltungsverhandlungen wirksam (z.B. Geheimhaltungspflichten). Ihre Verbindlichkeit hängt daher nicht vom Ge­­nehmigungsbeschluss der Gesellschafter ab.881 Aus diesem Grund ist das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan beispielsweise kompetent, verbindlich Beendigungsklauseln mit Entschädigungsfolgen abzuschliessen; allerdings darf – wie bereits aufgezeigt – die Höhe und die Ausgestaltung der Entschä­digung nicht die freie Beschlussfassung der Gesellschafter infrage stellen. Gleiches gilt bezüglich allfälliger Vertragspflichten für das Spaltungsverfahren und die korrekte Vorbereitung des Genehmigungsbeschlusses.

1.6 Bindungswirkung vor der Genehmigung
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Der Abschluss des Spaltungsvertrags durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan verschafft dem Spaltungspartner (noch) keinen durchsetzbaren Anspruch auf Vollzug der Transaktion, solange der Vertrag von den Gesellschaftern nicht genehmigt worden ist (Art. 36 Abs. 3 FusG). Der Vertragsabschluss verpflichtet die beteiligten Gesellschaften bzw. ihre Exekutivorgane aber, die notwendigen Verfahrensschritte zur Einholung des Genehmigungsbeschlusses einzuleiten und den Vollzug der Transaktion zu fördern.882

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Gemäss Art. 42 FusG i.V.m. Art. 17 Abs. 1 FusG müssen sich die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane gegenseitig über wesentliche Änderungen im Aktiv- und Passivvermögen informieren, die zwischen Vertragsabschluss und Beschlussfassung der Gesellschafter eintreten. Nach dem Zweck der Bestimmung soll jede Änderung eine Meldepflicht auslösen, wenn sie die Spaltungsbewertung bzw. das Umtauschverhältnis gemäss Spaltungsvertrag tangiert.883 Insofern ist die Einschränkung auf Veränderungen im Aktiv- oder Passivvermögen zu eng. Je nach Bewertungsmethode ist die reine Substanz (Aktiven/Passiven) einer Gesellschaft bei der Festsetzung des Umtauschverhältnisses nebensächlich. Die gesetzliche Informationspflicht ist zwingend, denn sie stellt eine Voraussetzung dar für die daran anschliessende Prüfungs- und Handlungspflicht der obersten Exekutivorgane.884 Die Informationspflicht lässt sich im Spaltungsvertrag nicht ausschliessen, jedoch präzisieren und bei Bedarf erweitern.885

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Tritt nach Abschluss des Spaltungsvertrags bei einer Partei eine wesentliche Änderung ein, sind die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane verpflichtet, zu prüfen, ob der Spaltungsvertrag infolge der nachträglichen wesentlichen Änderung angepasst werden muss oder ob auf die Spaltung zu verzichten ist (Art. 42 FusG i.V.m. Art. 17 Abs. 2 FusG). Trifft eine der beiden Möglichkeiten zu, so muss der Genehmigungsantrag an die Gesellschafter zurückgezogen werden. Eine fortwährende Prüfungs- und Handlungspflicht der verantwort­lichen Exekutivorgane ergibt sich in der Regel bereits aus der allgemeinen Treue- und Sorgfaltspflicht.886

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Überdies bleibt das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan bis zur Beschlussfassung der Gesellschafter kompetent, den Spaltungsantrag ersatzlos zurück­zuziehen.887 Diese Kompetenz ist unverzichtbar. Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan kann sich bzw. die Gesellschaft im Spaltungsvertrag nicht gültig verpflichten, den Vertrag unter allen Umständen der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Dem Spaltungspartner kann kein klag­barer Anspruch auf einen Gesellschafterbeschluss eingeräumt werden.888 Dies schliesst indes nicht aus, für den Fall eines Rückzugs des Spaltungsantrags im Spaltungsvertrag zu vereinbaren, dass die sich zurückziehende Partei die Kosten der Verhandlungen übernimmt. Nebst dem in Art. 17 Abs. 2 FusG explizit vorgesehenen Rückzug eines nachteilig gewordenen Spaltungsvorhabens durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan kann auch die Vertragspflicht, sich an den Vorbereitungskosten für ein Spaltungsvorhaben zu beteiligen, aus Sicht des Gesellschaftsinteresses gerechtfertigt sein. Einfacher ist die Situation naturgemäss beim Spaltungsplan: Hier kann das Leistungsorgan der spaltungswilligen Gesellschaft den von ihm verfassten Plan – unter Wahrung der Rechte der Gesellschafter – selber wieder abändern.889

1.7 Form
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Der Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan ist schriftlich abzuschliessen bzw. abzufassen (Art. 36 Abs. 3 OR).890 Das Erfordernis der einfachen Schriftlichkeit erstreckt sich auf alle objektiv (Art. 37 FusG) und subjektiv wesentlichen Vertragspunkte.891 Änderungen des gesetzlich notwendigen Inhalts des Spaltungsvertrags müssen ebenfalls schriftlich erfolgen. Art. 13 Abs. 1 OR verlangt, dass der formbedürftige Vertragsinhalt durch die verpflichtete Rechtsperson bzw. durch bevollmächtigte Vertreter unterzeichnet wird. Hierbei geht es um die Vertretung und nicht um die interne Willensbildung. Es ist daher nicht zwingend, dass sämtliche Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans den Spaltungsvertrag unterzeichnen.892 Auch für die spaltungsweise Übertragung von Vermögenswerten, deren Übertragung ansonsten einer qualifizierten Form bedarf (wie etwa die öffentliche Beurkundung bei der Über­tragung von Grundstücken), genügt die einfache Schriftlichkeit.893 Die übernehmende Gesellschaft muss allerdings den Übergang von Grundstücken nach Art. 104 FusG beim Grundbuchamt anmelden.

1.8 Willensmängel
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Das Fusionsgesetz enthält keine besonderen Regeln über die Anfechtung des Spaltungsvertrags wegen Willensmängeln wie zum Beispiel Übervorteilung, Irrtum oder Täuschung. Es gelten daher die allgemeinen Regeln des Obligationenrechts.894 Besonderheiten ergeben sich bezüglich Zeitpunkt und Form der Geltendmachung eines Willensmangels. Solange der Spaltungsvertrag nicht von den Gesellschaftern in Kenntnis des Mangels genehmigt worden ist, ist das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan befugt und verpflichtet (Art. 42 FusG i.V.m. Art. 17 FusG), die Unverbindlichkeit des Vertrags infolge Willensmangels geltend zu machen.

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Wird ein mangelbehafteter Vertrag durch die Gesellschafter genehmigt, so stellt sich die Frage, ob der Willensmangel dadurch geheilt ist. Dies ist nur zu bejahen, wenn die Gesellschafter den Spaltungsvertrag in voller Kenntnis des Mangels vorbehaltlos genehmigt haben.895 Aufgrund der Kompetenzverschiebung zugunsten der Gesellschafter nach deren Genehmigungsbeschluss kann das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan nach der Genehmigung durch die Gesellschafter nicht mehr auf den Spaltungsvertrag zurückkommen. Falls den Gesellschaftern im Zeitpunkt der Genehmigung des Spaltungsvertrags der Mangel nicht bewusst war, kann das oberste Exekutivorgan die Unverbindlichkeit jedoch gegenüber der Gegenpartei immer noch geltend machen. Die Ge­­sellschaft kann sich in diesem Fall nur vom Vertrag lösen, wenn auch der Genehmigungsbeschluss der Gesellschafter auf dem Weg einer Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit beseitigt wird. Nach Eintrag der Spaltung im Handelsregister kann infolge Drittwirkung des Eintrags jedoch nur noch eine Anfechtungsklage (Art. 106 ff. FusG; Art. 706 OR), eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (Art. 706b OR) oder eine Überprüfungsklage (Art. 105 FusG) erhoben werden.896 In jedem Fall vorbehalten bleiben Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 108 FusG, falls der Willensmangel der Gesellschaft auf eine verschuldete Verletzung gesetzlicher Pflichten einer mit der Spaltung befassten Person zurückzuführen ist.897