6. Abgrenzungen

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Die Verantwortlichkeitsklage nach Art. 108 FusG ist zunächst abzugrenzen von der Überprüfungsklage nach Art. 105 FusG. Die Frage, welche dieser beiden Klagen anwendbar ist, stellt sich dann, wenn die Unangemessenheit eines Umtauschverhältnisses auf eine Pflichtwidrigkeit des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans zurückzuführen ist. In diesem Fall kann der Schadens­eintritt durch die Überprüfungsklage verhindert oder rückgängig gemacht werden. Mit Bezug auf diesen unmittelbaren Schaden ist die Verantwortlichkeitsklage subsidiär zur Überprüfungsklage.2358 Nach Gutheissung einer Überprüfungsklage bleibt der Gesellschafter berechtigt, den Gesellschaftsschaden nach Art. 108 FusG geltend zu machen, vorausgesetzt die verantwortlichen Personen oder Prüfer handelten schuldhaft und pflichtwidrig. Der Gesellschaftsschaden kann beispielsweise in Form von Kosten und Verpflichtungen aus dem Überprüfungsprozess bestehen.

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Konkurrenz kann sodann zwischen dem Verantwortlichkeitsanspruch und der Anfechtungsklage entstehen. Dieser Fall ist etwa denkbar, wenn ein Transak­tionsbeschluss in Verletzung fusionsgesetzlicher Bestimmungen erging und einen Schaden verursachte, der auf pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten von Organpersonen oder Prüfern zurückzuführen ist. Im Aktienrecht geht das Bundesgericht nach wie vor von der Subsidiarität der Anfechtungsklage nach Art. 706 f. OR aus, wenn gleichzeitig ein Verantwortlichkeitsanspruch besteht.2359 Unseres Erachtens konsumiert die Verantwortlichkeitsklage nach Art. 108 FusG den Anfechtungsanspruch von Art. 106 FusG nicht automatisch, sondern es ist von einer Konkurrenz zwischen den beiden Klagen auszugehen:2360 Der Gesellschafter soll eine rechtswidrige Transaktion unabhängig davon, ob Organpersonen dafür verantwortlich gemacht werden können, verhindern können. Ein gesetzesverletzender Organbeschluss soll nicht zur Grundlage einer Transaktion werden und deren Vollzug rechtfertigen.

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Im Verhältnis zu den Verantwortlichkeitsbestimmungen im Bankengesetz (Art. 39 BankG2361) geht die Regel von Art. 108 FusG als die spätere und speziell auf Transaktionen zugeschnittene Haftungsbestimmung als lex specialis vor, sofern sich die haftungsbegründende Pflichtwidrigkeit aus dem Fusionsgesetz herleitet.2362