4. Würdigung

18

Vor Inkrafttreten des Fusionsgesetzes im Jahr 2004 war die privatrechtliche Regelung des Umstrukturierungsrechts lückenhaft, unübersichtlich und materiell revisionsbedürftig.18 Zwar hat die Lehre – unter Berufung auf den Grundsatz der Privatautonomie und auf zwingende praktische Bedürfnisse – verschiedene gesetzlich nicht geregelte Umstrukturierungsvorgänge schon vor Inkrafttreten des Fusionsgesetzes für zulässig erachtet, was auch von der Praxis in Einzelfällen anerkannt wurde.19 Die liberale Praxis der Handelsregisterbehörden war jedoch einzelfallbezogen. Ausserdem wurden die Entscheide nur mit beschränkter Kognition des Handelsregisterführers getroffen. Aus praktischer Sicht sind daher vor allem die systematische Vervollständigung der bislang nur rudimentären gesetzlichen Grundlagen und die damit verbundene erhöhte Rechtssicherheit zu begrüssen. Die angestrebte Flexibilisierung und der relativ stark ausgeprägte Minderheitenschutz werden allerdings mit aufwen­digen Verfahrensabläufen erkauft, was für die betroffenen Unternehmen vor allem administrativen Mehraufwand und erhöhten Beratungsbedarf bedeutet.

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Das Fusionsgesetz hat mit der Vermögensübertragung ein neues Rechtsinstitut eingeführt, welches im Vergleich zu den anderen Transaktionsformen unter stark vereinfachten Voraussetzungen möglich ist. Dabei blieben in den ersten Jahren der Geltung des FusG eine Vielzahl wichtiger Fragen offen, welche inzwischen durch die herrschende Lehre und die bundesgerichtliche Rechtsprechung geklärt worden sind, etwa die Qualifikation der partiellen Universalsukzession beim Übergang von Aktiven und Passiven oder die Möglichkeit des Übergangs von Vertragsverhältnissen. Schliesslich sind durch die nachträgliche Einführung der KMU-Erleichterungen gewisse Ungereimtheiten im Bereich der Kapitalschutzvorschriften entstanden, welche aber ebenfalls über eine entsprechende Auslegung des Gesetzes in Rechtsprechung und Lehre gelöst werden konnten.